5 Fragen an Maximillian Knopp zum Thema: Social Trading und Investment Communities

Maximillian Knopp ist Managing Director Germany & Head of Business Operations bei StockRepublic. StockRepublic hat zusammen mit der comdirect die Social Trading App hi!stocks entwickelt. hi!stocks wurde im April 2023 frisch mit dem Hauptpreis des Deutschen Instituts für Service Qualität ausgezeichnet. Wer sollte also einen besseren Einblick in das Trend-Thema „Social Trading und Investment Communities“ geben können als Max?

1. Max, was ist Social Trading und warum sind Social Trading und Investment Communities Deiner Meinung nach so im Trend?

Spannende Frage! In den vergangen Jahren beobachten wir verschiedene Trends, die Finanzcommunities und vollkommen neuen Social Trading Apps starken Aufwind geben. Auf der einen Seite sehen wir ein Filialsterben der Banken. Damit einher geht auch, dass die klassische Anlageberatung (vor Ort, in einer Filiale) von zunehmend weniger Menschen beansprucht wird. Auf der anderen Seite ist besonders während der Corona-Krise die Zahl der Anlegerinnen und Anleger stark angewachsen und besonders junge Leute sehen in Aktien eine Chance zur nachhaltigen Altersvorsorge. Da sich weiterhin viele Menschen – jung und alt – die Fragen stellen „Was kaufe ich?“ und „Wann kaufe ich?“, stellen Social Trading Anbieter neue Digitalprodukte auf, um genau diese Frage zu beantworten. Der Satz „Über Geld spricht man nicht“ wird zunehmend abgeschafft.

2. Welches Kunden:innenproblem lösen Social Trading und Investment Communities für die Endkunden:innen und wie beeinflussen die Lösungen die Art und Weise, wie Anleger:innen investieren?

Finanzcommunities im Allgemeinen können die im Markt bestehende Informationsasymmetrie verringern. Mithilfe sozialer Netzwerke können sich die unerfahrenen Anlegerinnen und Anleger etwas von denen abschauen, die bereits seit Jahren und Jahrzehnten Erfahrungen an den Börsen gemacht haben. Im Alltag ist die Aktionärsquote noch zu gering, als dass man im alltäglichen Gespräch mit erfahrenen Börsianern zu den spannendsten Strategien oder Kaufideen austauschen kann.

Social Trading Communities im speziellen verbinden die Komponenten „Soziales Netzwerk“ und „Brokerage“ miteinander. Oftmals lassen sich direkt in den digitalen Plattformen Trades auslösen, die durch die Gespräche in der Community inspiriert wurden. Social Trading Communities reichern somit die klassischen Finanz-Foren um den Aspekt des Direkthandels an.

3. Für welche Banken oder Fintechs ist das Thema zu welcher Zeit und aus welchen Gründen spannend und welche Potentiale ergeben sich durch die Einführung einer Social Trading und Investment Community Lösung?

Social Trading Communities sind für alle Finanzdienstleister interessant, die einen Bezug zum Investing- und Brokerage-Teil der Finanzindustrie haben. Hierbei können wir in drei Kategorien aufteilen:

Neobroker und Online-Broker:
Naheliegend sind natürlich die Neobroker, wie TradeRepublic und Scalable Capital, sowie die Online-Broker, wie comdirect, Consorsbank, ING oder flatex. All diese Banken schöpfen einen Großteil ihres Umsatzes mithilfe der Handelsaktivität ihrer Nutzerinnen und Nutzer. Ziel dieser Unternehmen ist es daher, aktive Anlegerinnen und Anleger von ihrem Angebot zu überzeugen, weitere Käufe zu stimulieren und die Kundinnen und Kunden im eigenen Produktuniversum zu halten.

Groß- und Volksbanken:
Auch Großbanken wie die Commerzbank und die Deutsche Bank nehmen die junge Generation als signifikante Kundengruppe war und wollen Angebote bereitstellen, die genau diese Zielgruppe anlockt. Immer stärker gleichen sich die klassischen Brokerage-Angebote, wodurch ein Differenzierungsdruck wächst. Mithilfe neuer Produkte wollen sich die Banken voneinander abheben und Potenziale im ertragreichen Brokerage-Geschäft heben.

Nachrichtenanbieter und Datenlieferanten:
Auch wenn diese Unternehmen nicht direkt in den Sinn kommen, können Social Trading Netzwerke für Nachrichtenanbieter und Datenlieferanten einen großen Mehrwert bieten. Immer auf der Suche nach neuen, relevanten Datensätzen können Datendienstleister wie Bloomberg, Morningstar, FactSet und Co die Daten von Social Trading Nutzern einkaufen und in ihre Analysen miteinbeziehen oder ihren Endkunden anbieten. Da große Social Trading Netzwerke Millionen von Datenpunkten täglich sammeln, lässt sich hier ein großes Potential finden.

4. Worauf sollte man als Bank oder Fintech bei der Entwicklung oder Integration einer Social Trading Community Plattform achten und worin liegt die fachliche und/oder technische Komplexität der Umsetzung?

Als Bank sollte man bei der Integration einer Social Trading Community auf die Kundenbedürfnisse achten: Haben wir Kundinnen und Kunden, die aktiv investieren und sich dazu austauschen wollen? Wollen meine Kundinnen und Kunden direkt in der App handeln? Wollen sie ihr Depot offenlegen?
Danach spielt die technische Komponente die wichtigste Rolle: Verfügen wir über die nötigen Schnittstellen, um die Social Trading Community mit unseren Systemen zu verbinden? Und dann kommen noch Fragen aus dem Bereich der Skalierung auf: Schaffen wir es, die Community adäquat zu betreuen und ein Gemeinschaftsgefühl innerhalb der Plattform zu schaffen? Wie machen wir Werbung für unser neues Produkt? Wie können wir Nutzerinnen und Nutzer in der App halten?

Will ein Fintech eine neue Social Trading Community aufbauen, sollte das Unternehmen ähnlich kundenzentriert vorangehen. Zudem ist es als Fintech eine Herausforderung, ein datenschutzkonformes und sicheres Produkt anzubieten, bei dem die Nutzerinnen und Nutzer keine Angst vor Datenverlust oder -missbrauch haben müssen. Die Fragen nach der Skalierung und der Standhaftigkeit einer Community stellen sich auch den kleinen Finanzunternehmen und sollten sorgfältig beantwortet werden.

5. Wie haben sich Social Trading und Investment Communities in den letzten Jahren entwickelt und welche Trends zeichnen sich für die Zukunft ab?

Social Trading Anwendungen sind erwachsen geworden. Hat man anfänglich versucht, der Anlegerin oder dem Anleger die Kaufentscheidung abzunehmen (beim Copy-Trading fällen Nutzerinnen und Nutzer keine eigenen Kaufentscheidungen), gehen Social Trading Communities der neuesten Generation einen Schritt weiter und trauen ihren Nutzerinnen und Nutzern mehr zu: Den Anlegerinnen und Anleger werden Informationen aggregiert zur Verfügung gestellt und mithilfe des Austausches mit der Gemeinschaft können eigene Kauf- oder Verkaufsentscheidungen getroffen werden. Mit der Hilfe erfahrener Investorinnen und Investoren können Börsen-Neulinge erste Schritte an den Finanzmärkten gehen und gemeinsam gute sowie schlechte Erfahrungen sammeln und besprechen. „Learning by doing“ ist hier der neue Leitsatz.

Danke für die Einblicke Max!